Aktuelles Päonienwissen

Aussaat von Päonien - Erfahrungen

Hinweise zur Aussaat von verholzenden Päonien ( P. rockii und P. x suffruticosa)

Wichtig für eine erfolgreiche Aussaat ist der Umstand, dass Samen der genannten Arten/Formen erst nach einer längeren Kälteeinwirkung und nachfolgender Wärmeeinwirkung mit der Keimung beginnen. Mit anderen Worten: Päoniensamen überliegen ein Jahr, ehe die Keimblätter erscheinen. Dem Kälte – und Wärmebedarf während der Keimung kann auf einfache Art und Weise dadurch entsprochen werden, dass die Aussaat ab Ernte der reifen Samen bis spätestens Anfang Januar des Folgejahres in Aussaatgefäße erfolgt. Dabei sollten die Samenkörner 1-2 cm mit dem Aussaatsubstrat bedeckt sein. Die Aussaatgefäße werden zweckmäßiger Weise in einem kalten Frühbeet aufgestellt. Hier sind sie der natürlichen Winterkälte auszusetzen. Die Aussaaten sind dann bis zum Jahresende unbedingt erdfeucht zu halten. Mit Eintritt sommerlicher Temperaturen beginnt die Samenkeimung damit, dass aus der Keimpore die Keimwurzel herauswächst. Diese kann bis Ende Oktober bereits eine Länge von 10- 15 cm erreichen. Mit zunehmendem Wachstum der Keimwurzel beginnt im Vorwinter auch das Wachstum der Keimachse (Hypokotyl)   dergestalt, dass sich ein Bogen bzw. Haken bildet, der bis an die Substratoberfläche reichen kann. Während der Bildung dieses Hakens verbleiben die zwei Keimblätter noch im Samenkorn. Mit dem Ende des Winterfrostes streckt sich der Haken des Keimlings. Dabei werden die Keimblätter oft aus der festen Samenschale herausgezogen. Wenn das Aussaatsubstrat nicht zu locker ist, verbleibt das nun leere Samenkorn unterhalb der Substratoberfläche in der Aussaaterde. Nicht immer ist die Zugkraft des sich streckenden Keimlings groß genug, um die Keimblätter aus dem Samenkorn zu ziehen. Oft verbleiben die Spitzen der Keimblätter im Samenkorn. In diesem Fall werden die Samenkörner von dem wachsenden Keimling aus dem Aussaatsubstrat herausgezogen. Irgendwann befreien sich die Keimblätter von der Samenschale. Es bleibt das leere Samenkorn auf der Oberfläche des Aussaatsubstrates zurück. Diese Samenkörner weisen im Gegensatz zu nicht gekeimten Samen immer ein rundes Loch im Bereich der Keimpore auf.

Oft liegen die beiden Keimblätter zunächst der Substratoberfläche auf, mit dem einsetzenden Streckungswachstum des Keimlings werden die Keimblätter in der Regel deutlich über die Substratoberfläche   angehoben. Zwischen den beiden Keimblättern befindet sich die Knospe des 1. Laubblattes, welches sich mit dem Erscheinen der Keimblätter sehr schnell entfaltet. Bei milder Witterung ist dies ab Mitte Februar der Fall. Weitere Laubblätter werden im 1. Lebensjahr der Keimpflanze nicht gebildet. Gebildet wird eine kräftige Endknospe am Ende der Sproßachse des Keimlings sowie mehr oder weniger kräftige Seitenknospen in den Achseln der Keimblätter.

Wichtig für eine erfolgreiche Aussaat ist, dass nach der Kälteeinwirkung die Erde in den Aussaatgefäßen immer erdfeucht gehalten wird –ansonsten erfolgt im Sommer keine Keimung (Bildung der Keimwurzel). Gleichzeitig dürfen die keimenden Samen auch nicht zu feucht gehalten werden, weil ansonsten an der Keimpore des Samenkorns eine Infektion des Keimlings mit Schimmelpilzen erfolgen kann. In einem solchen Fall kommt es leicht zur Fäulnis der Keimblätter in der Samenschale. Von hier aus kann es zu einer Infektion der Keimpflanze kommen – im schlechtesten Fall verbunden mit einem Totalverlust. Über Möglichkeiten der Bekämpfung einer solchen Infektion ist an anderer Stelle zu berichten.

Zu beachten ist, dass ein plötzliches Durchfrieren der Aussaattöpfe mit in Keimung befindlichen Aussaaten einen Totalverlust bewirken kann. Dies habe ich zweimal erlebt. Deswegen ist die Aussaat in Frühbeeten zu empfehlen, weil hier leicht ein Abdecken möglich ist. In Frühbeeten kommen die keimenden Päonien sehr früh in Trieb. Diese Verlängerung der Vegetationsperiode begünstigt die Erzielung starker Sämlingspflanzen. Die eigenen Erfahrungen zeigen, dass mit einer sehr hohen Keimrate zu rechnen ist, wenn die Sommerfeuchte während der Bildung der Keimwurzel gesichert ist. Ein Überliegen von Samen habe ich nie beobachtet. Voraussetzung für gute Keimergebnisse sind gut gefüllte Samen. Sind diese schrumplig, ist mit sehr schlechten Keimergebnissen zu rechnen. In vielen Fällen wird man aber auf die Aussaat auch schlechter Samen nicht verzichten wollen. Viele Päoniensorten /Formen ( P. x suffruticosa) liefern generell schlecht ausgebildete Samen. Dies ist durch genetische Störungen dieses Materials bedingt. Mehr als 10 Samen sollten in Aussaattöpfe mit den Maßen 10 x 10 cm nicht ausgelegt werden. Bei gut ausgebildeten Samen kann mit einer Keimrate von 50 % gerechnet werden.

Abbildungen: Werner Wandelt

 Gute Samenausprägung 

G1 gut ausgebildete Poniensamen klein

 

Keimpflanzen Anfang März – 1 ½ Jahr nach der Aussaat

P1400432 Keimlinge klein

 

a: Das Hypokotyl weist eine Krümmung (Haken) auf, die sich Anfang März durch Streckung verwächst.

P1400477 Keimling mit Haken klein

 

Keimlinge – die Keimblätter stecken nicht mehr in der Samenschale.

P1400446 Keimpflanzen klein

 

Ein Pilzinfektion an der Keimpore hat das erste Laubblatt infiziert.

P1400441 Pilzbefall klein

 

 Eine sehr erfolgreiche Aussaat.

PaeoniensmlingePICT4940 klein

 

Sämlinge am Ende des 1. Vegetationsjahres

A6Poniensmlinge1JahraltSchnitt klein

 

 

 

Verbreitungsgebiete der verholzenden Päonienarten

Zur Herkunft der verholzenden Päonien (Strauchpfingstrosen)

Zentralchina (blau sind die wichtigsten Flüsse markiert, gelb die Städte, die für die Päonienkultur bekannt sind)

Nur in China kommen verholzende Päonien wild vor. Eine moderne und ausführliche Beschreibung der einzelnen Arten und ihrer Fundorte ist bei D.Y. HONG (2010) zu finden. Zu beachten ist, dass in der Päonienliteratur keine einheitliche botanische Bezeichnung der einzelnen Arten oder auch Unterarten vorliegt. In der beigefügten Darstellung sind wichtige Vorkommensorte in eine Karte von China eingetragen. Dabei werden für die Art P. rockii 2 Unterarten ausgewiesen: P. rockii ssp. rockii und P. rockii atava. Für die Unterart P. r. subsp. rockii wird von Päonienfreunden oft die veraltete (synonyme) Bezeichnung P. r. subsp. linyanshanii (T. HONG & G.L. OSTI ) verwendet. Dadurch können (sprachliche) Verwechslungen mit der Unterart atava vermieden werden.

Betrachtet man in der Darstellung die Fundorte für die beiden Unterarten von P. rockii, so fällt auf, dass sie sich nicht überlappen. Gemeinsam nehmen sie aber ein kompaktes Verbreitungsgebiet zwischen den Flüssen Jangtsekiang    und Huang He ein. Am westlichen Randes dieses Verbreitungsgebietes befindet sich der Ort Choni mit dem Kloster, in dessen Garten J. Rock eine attraktive, ihm unbekannte Päonienart blühen sah – die später nach ihm benannte P. rockii. Dabei handelt es sich um die Unterart P. rockii subsp. atava. Zwischen den beiden P. rockii-Unterarten besteht keine Kreuzungsbariere. Dies spricht für ihre genetische Nähe. Die Fundpunkte für die kleinblütige , aber ähnliche Art P. decomposita schließen sich an das Verbreitungsgebiet von P. rockii an.

Für die heute als P. suffruticosa bezeichneten Kulturformen und Sorten kann keine Wildart ausgemacht werden. Es ist vorstellbar, dass die Wildarten P. cathayana, P. jishanensis, P. ostii und P. qiui an der Entstehung der ursprünglichen Formen der heutigen P. suffruticosa beteiligt waren. Unter den ersten in Europa eingeführten Sorten P. suffruticosa sind Formen zu finden, die über den für P. rockii typischen Basalfleck verfügen – ein Indiz dafür, dass auch diese Art zum Merkmalspool der heutigen P. suffrutiosa beigetragen hat. Zwischen den genannten Formen und Arten bestehen offensichtlich keine ausgeprägten Kreuzungsbarrieren. Dies deutet auf eine Artevolution in einem geschlossenen Verbreitungsgebiet hin.

Eine andere Situation liegt für die beiden Arten P. delavayi und P. ludlowii vor. Die Evolution dieser beiden Arten ist getrennt von der Evolution der oben genannten Arten erfolgt. Deswegen besteht eine stark ausgeprägte Kreuzungsbarriere zu den zentralchinesischen Formen. Dies wird durch die Geschichte der Entwicklung der Lutea-Hybriden (unter Verwendung von P. delavayi als Kreuzungspartner) anschaulich belegt. Über die Kreuzbarkeit von P. ludlovii z. B. mit P. rockii oder P. suffruticosa liegen keine Berichte vor.

Aus der beigefügten Abbildung (in Anlehnung an D.Y. HONG 2010)kann entnommen werden, dass die Evolution von P. delavayi in räumlich durch hohe Gebirgsketten getrennten Fluss-Systemen erfolgt ist. Dies kann ein Grund für die erhebliche Variabilität dieser Art sein, die taxonomisch erst durch HONG wieder zu einer Art vereint wurden. Die Evolution der beiden sehr ähnlichen Arten P. delavayi und P. ludlowii erfolgte vermutlich in keinem großen gemeinsamen Verbreitungsgebiet. Ungeachtet ihrer morphologischen Ähnlichkeit sind die beiden Arten reproduktiv voneinander getrennt. Diese Trennung ist allerdings nicht vollständig. Bei künstlicher Befruchtung können Bastarde zwischen P. ludlowii und P. delavayi erzielt werden. Nur in einem begrenzten Areal im Fluss-System des Bramaputra haben die beiden Arten ein sich überlappendes Verbreitungsgebiet.