Die Päonien von Joseph Francis Charles Rock (1884 – 1962) in Deutschland

Rock war ein bedeutender Sinologe , excellenter Chinakenner und anerkannter Botaniker und Pflanzensammler. Den Päonienfreuden ist er vor allem dafür bekannt, dass er 1925 die Päonienformen aufgefunden haben soll , die heute die botanische Bezeichnung P. rockii tragen und die dadurch charakterisiert sind, dass sie über einen großen dunklen ( von nahezu Schwarz bis rötlichbraunschwarz) Basalfleck verfügen– ein Merkmal, dass den anderen heute bekannten verholzenden Päonienwildarten fehlt. Verbreitet ist die Meinung, dass die von Rock gefundene Päonienform und die darauf zurückzuführenden Abkömmlinge weiß blühen. Der Kontrast großer weißer Blütenblätter mit dem fast schwarzen Basalfleck macht unverändert den Zauber der Päonien von Rock aus. Um die Aufklärung des Weges des von Rock gefundenen Päonienmaterials in die Gärten und der tatsächlichen Natur dieses Materials haben sich vor allem Will McLewin und Dezhong Chen (2006) verdient gemacht. Es ist spannend in der Publikation der beiden zu lesen, wie die Saatgutsendung von Rock, die zunächst 1926 an das Arnold Arboretum (Boston) gerichtet wurde, dort aufgeteilt und an die damals bedeutendsten botanischen Gärten, aber auch an private Pflanzensammler weitergeleitet wurde. Dabei wird klargestellt, dass Rock keine Wildart gefunden hat, sondern eine Kulturform, die in Choni in dem Garten eines Lamaklosters und in dem Garten eines lokalen Regenten kultiviert wurde. Einen Bezug zu Wildvorkommen in der Region konnte von Rock nicht gefunden werden. Rock erwähnt drei Pflanzen, von denen Saatgut gewonnen wurde, 1 Pflanze mit großen roten Blüten, eine Pflanze mit großen weißen Blüten und eine Pflanze , von der die Blütenfarbe nicht notiert wurde. Es bleibt festzustellen, dass es nicht stimmt, dass die weiße Blütenfarbe die alleinige Blütenfarbe von Rock´s Päonien ist. Aus der Darstellung der oben genannten Autoren ergibt sich, dass aus dem international verteilten Saatgut nur wenige Pflanzen aufgezogen werden konnten, die zu den   heute bekannten weiß blühenden Varietäten `Rocks Variety´ und `Joseph Rock USA´ und zu der Varietät ´Highdown` führten. Widersprüchlichen   Befunden wird dabei nicht nachgegangen. So bleibt offen, wieso die Nachkommenschaft der Pflanzen, die im Botanischen Garten Bergen aufgezogen wurden, lilafarbig (pinkfarbig) blühte und zu einer Population lilablütiger(pinkfarbiger) Päonien in Skandinavien führte. Es wird berichtet, dass unter tausenden Sämlingen ( in fortgeschrittenen Generationen) kein rein weißer Sämling aufgefunden wurde. Eher am Rande wird erwähnt, dass auch der Botanische Garten Berlin – Dahlem Saatgut erhielt und hier eine größere Pflanzenanzahl aufgezogen werden konnte.

Es ist besonders bemerkenswerte , dass es nur in Berlin gelang, viele Pflanzen anzuziehen. Es gibt dafür nur eine plausible Erklärung: Der Botanische Garten in Berlin erhielt eine viel umfangreichere Samensendung als die anderen Saatgutempfänger. Es wird vermutet, dass Rock eine gesonderte Samensendung an den Botanischen Garten Berlin geschickt hat. Belege dafür gibt es nicht. Ein Feuer hat alte Datenbestände vernichtet. Viel bedeutsamer ist, dass dieser Pflanzenstand auch heute noch vorhanden ist und von jedermann in Augenschein genommen werden kann. Über die Päonien von Rock im Botanischen Garten Berlin - Dahlem hat   Rolf Marquardt 2007 in den Beiträgen zur Gehölzkunde berichtet. Die in Dahlem vorhandenen vielen Pflanzen widerspiegeln den Genbestand dieses Materials zur Zeit der Samenaufsammlung 1925. Sie stellen eine sogenannte Zeitkapsel dar ! So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Blütenfarbe rot in diesem Material vorhanden ist. Weit überwiegend tritt die Blütenfarbe weiß auf. Eher selten treten Formen mit rosa Tönungen auf. Für das gesamte Material sind sehr große Blüten mit gerundeten Blütenblättern charakteristisch. Die Schönheit dieses Materials macht verständlich, dass für den Botaniker und Sammler Rock klar war, dass es sich um keine Wildart handeln kann. Diese Auffassung vertreten auch die oben genannten Autoren. Ein schlüssiger Beweis dafür wird nicht erbracht. Es ist durchaus vorstellbar, dass es eine Wildart gegeben haben könnte, die als Artmerkmal über die großen gerundeten Blütenblätter verfügt hat. Die Hauptblütenfarbe könnte weiß gewesen sein. Die heutige P. rockii ssp. rockii ( Syn. P. linyanshanii) verfügt ja auch als Wildart über Merkmale, die einer Zuchtform   entsprechen würden. Die aus dem Saatgut von Rock aufgezogenen Pflanzen wurden am Rande der Ostasienabteilung an verschiedenen Standorten aufgepflanzt. Hier leuchten die großen weißen Blüten so aus dem Begleitgrün, wie wohl die weißen Blüten, die Farrer 1914 erblickt hatte und die ihn magisch anzogen. Geht man von der Nummerierung der Pflanzen aus,  sind in Berlin-Dahlem mehr als   100 Pflanzen vorhanden. Leider werden alle Standorte zu sehr durch den hochgewachsenen Baumbestand beschattet, erste Pflanzenverluste werden sichtbar. In der Vergangenheit wurde der Bestand durch Rolf Marquardt betreut. Es wäre ein großer Verlust, wenn die Dahlemer Kollektion von Rock´s Päonien untergehen würde.

Bislang ist nicht bekannt, dass die Päonien aus Dahlem gezielt in der Päonienzüchtung verwendet wurden. Zu vermuten ist, dass in den zurückliegenden Jahren immer wieder durch Liebhaber Saatgut gewonnen wurde und so im Großraum Berlin und auch darüber hinaus eine Population von Rock´s Päonien fortbesteht. Diese freilich kann nicht genetisch rein erhalten bleiben, da in den diversen Päonienaufplanzungen natürlich andere Formen aus dem P. suffruticosa-Formenkreis als Bestäuber funktionieren können. P. rockii ist eigentlich ein Selbstbefruchter. In den letzten Jahren sorgt insbesondere der an Häufigkeit zunehmende Rosenkäfer  für Fremdbefruchtung. Offen bleibt die Frage, welche Merkmale die heutige P. rockii- Wildform charakterisieren und wie groß die genetische Divergenz zu den Päonien von Rock ist.

Beispiele für Rock´s Päonien im Botanischen Garten Berlin-  Dahlem